Von Oktober 2018 bis Februar 2019 war ich ein Toupi. Ein Feuervogel aus Peru, der Namensgeber der Toupi Group a.s.b.l. Man hätte mich auch Praktikantin nennen können, aber ich finde Toupi trifft es eher, denn ich wurde nie als klassische Praktikantin tituliert oder behandelt. Mein Mitspracherecht ging von „Wie konzipieren wir den Workshop?“ bis zu „Wo sollen wir Frühstücken gehen?“. Ihr könnt ja mal auf der Toupi Group Website nachgucken: auch da stehe ich als Referentin ;)
Die Arbeit als Toupi ist für mich keine Arbeit gewesen, sondern eine Reise mit meiner Familie. Die mich unterstützt und kritisiert, mich bildet und mich ernährt. Denn egal zu welcher Tageszeit, an Essen hat es meistens nicht gefehlt!
Oktober bis Dezember
Meine Reise als Toupi begann rasant. Im Schnitt habe ich an zwei Workshops pro Woche teilgenommen. Manchmal an mehr, manchmal an weniger. Das war schon ganz schön anstrengend, aber auch super spannend für mich. Langweilig wurde mir auf jeden Fall nie! Wir waren für die „Anti-Mobbing“ Workshops in Luxemburg an Schulen unterwegs. In Trier haben wir zum Thema „Deutschsein“ Workshops durchgeführt.
Den Anti-Mobbing Workshop gab es schon länger. Diesmal sollte allerdings auch ein Fragebogen von den Kindern zum Thema Mobbing und Verhalten bei Mobbing ausgefüllt werden. Zu allererst bekam ich also den schon bestehenden Bogen, um ihn zu überarbeiten und um mir zu überlegen wie unsere Zielgruppe von 9-12 Jährigen selbstständig einen Versuchspersonencode erstellen kann. Da wir pro Klasse an zwei verschiedenen Terminen erhoben haben, war ein Code zur Anonymisierung essentiell. Kinder wissen aber nicht immer unbedingt den dritten Buchstaben des ersten Namens ihres Vaters oder ihre Hausnummer. (Die Psychos unter euch werden wissen wovon ich spreche. Ihr müsst ja wahrscheinlich auch die Versuchspersonenstunden ableisten. ) Den Code selbstständig für Kinder zu erarbeiten war für mich also eine große Verantwortung. Sollte er nicht funktionieren, so hätten wir unsere Daten von Termin 1 und 2 nicht miteinander vergleichen können. Es hat aber alles wundervoll geklappt!
Nach dieser Herausforderung ging es nun an die Erarbeitung eines Konzepts für den anderen Workshop zum Thema „Deutschsein aus allen Himmelsrichtungen“. Da die anderen Toupis im August in Peru waren und dort Workshops zum Thema „Kinderrechte“ durchgeführt haben blieb nicht viel Zeit um den neuen Workshop zu konzipieren. Das ganze war zwar etwas stressig, ich war aber mega glücklich, dass ich durch die kleine Zeitverschiebung auch dabei sein konnte! (Falls ihr was zum Aufenthalt in Peru lesen wollt, schaut mal auf der Website nach).
Ich wurde einfach mal ins kalte Wasser geschmissen und mit ans Konzeptspinnen gesetzt. Nach zwei Treffen mit fünf Personen stand es - Brainstorming und viel Phantasie sei dank. Das Motto war: „Lieber zu viel als zu wenig.“ Am Anfang dachte ich mir noch „Warum sollen wir Arbeit in Dinge stecken, die wir später doch nicht nutzen?“. Aber nach dem ersten Workshop, bei dem ich dabei war habe ich es verstanden: Jede Klasse ist anders. Jeder Schüler tickt anders. Jeder Mensch lernt unterschiedlich schnell. Also brauchen wir ein großes Repertoire aus dem wir auf jeden individuell angepasst Inhalte schöpfen können. Damit der Lernerfolg so groß wie möglich ist.
Jeder von uns wurde zu einem Spezialisten in einem bestimmten Teilgebiet. Ich war u.a. für das Thema Identität zuständig. Eines der Highlights meines Praktikums war es vor einer Klasse zu stehen und mein eigens erarbeitetes Thema spielerisch mit ihnen durchzugehen. Dazu musste ich mich erst mal mit meiner eigenen Identität beschäftigen – ein spannendes Unterfangen, was mir viele alte und neue Seiten an mir aufgezeigt hat! Manche kannte ich und manche nicht.
Das Konzept zum Thema Identitätsentwicklung habe ich in zwei verschiedenen Klassen präsentiert. Ich weiß noch wie ich nach dem ersten Mal stolz und sehr zufrieden mit mir war. Konstruktiver Kritik sei Dank, konnte ich bei der zweiten Klasse aber noch einiges mehr rausholen. Ich habe gemerkt wie viel besser das überarbeitete Konzept bei den Schülern ankam und wie viel mehr sie dadurch gelernt haben. Im Endeffekt lernen wir aber viel mehr von den Schülern als sie von uns!!!
Am Ende dieser aufregenden, sehr aktiven Phase voller Workshops, Treffen und Tagungen zu verschiedenen Themen hatten wir unsere Toupi Weihnachtsfeier. „Schön“ dachte ich mir. Wir essen alle zusammen und machen uns einen netten Abend. Pustekuchen. Meine Erwartungen wurden 1000000 fach übertroffen. Denn unsere Toupis Fernando und Anna-Lena hatten für alle nicht nur ein kleines Geschenk, sondern auch ein paar nette Worte vorbereitet. Nach den produktiven, aber doch sehr stressigen Monaten war dieser Abend der gelungene Abschluss für das Jahr 2018.
Januar bis Februar
Gerade ins neue Jahr gestartet ging die Reise auch schon weiter. Die Broschüre zum Thema „Deutschsein aus allen Himmelsrichtungen“ sollte bald gedruckt werden. An den Texten haben hauptsächlich Fernando, Anna-Lena und ich gearbeitet. Meine Ideen wurden natürlich wieder berücksichtigt und ich bin sehr stolz auf unsere Arbeit. Wir haben über das Thema für Kinder geschrieben. Denn genau sie sollen die Broschüren ja auch bekommen. Daher war es uns wichtig, dass die Texte auch verständlich sind. Fernando und Anna-Lena haben mir immer wieder viel Feedback gegeben und mich gepusht, damit ich mich verbessere. Und das hat sich auch gelohnt.
Als die Broschüre dann fertiggestellt war stellte sich etwas Ruhe ein. Die meisten Workshops gibt es immer am Ende des Jahres und somit konnte ich mich erst mal auf meine Klausuren konzentrieren.
Nach dem letzten Anti-Mobbing Workshop im Februar habe ich mich dann an die Auswertung der Fragebögen gemacht. Unterstützt wurde ich diesmal von Meike. Wir legten gemeinsam eine SPSS Datei an und werteten die Daten aus. Dies war noch mal eine ganz andere Seite des Praktikums. Eine ruhige, weniger kreative. Aber auch sie hat mir gut gefallen. Ein SPSS Seminar in der Uni hatte ich schon absolviert. Aber mit richtigen Daten zu arbeiten, die man eigens erhoben hat, ist viel spannender.
Meine Reise als Toupi endet nun langsam. Nach meinem Praktikum habe ich mich dazu entschlossen Trier zu verlassen. Ich bin wirklich traurig nicht mehr regelmäßig bei den Workshops dabei sein zu können oder bei den Teamtreffen/events. Denn die Toupis sind eine Familie. Sie nehmen einen auf, kochen zusammen, entwickeln gemeinsam Ideen, sind kreativ zusammen, pushen sich und jeden anderen mittels konstruktiver Kritik. Sie helfen einander, schmeißen einen einfach ins kalte Wasser und holen das Beste aus einem raus. Sie hören einem zu und sie vertrauen einem – selbst wenn man selbst nicht daran glaubt es schaffen zu können.
Aber wie Fernando immer so schön sagt: „Man hört nie auf ein Toupi zu sein.“
von : Anna Yousefi
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