Ein magischer Ort wartet nicht hinter jeder Ecke auf uns, aber einer dieser Orte, der auf dich wartet, befindet sich in Peru. Machu Picchu ist ein Besuchermagnet, seitdem es zu einem der neuen 7 Weltwunder ernannt wurde.
Wenn man dorthin verreist, wird einem sofort klar, dass Sauerstoff ein kostbares Gut sein kann: Entscheidet man sich, den Inka-Trail zu wandern, wird jede Bewegung durch den Rucksack oder Koffer, den man mit sich trägt erschwert und die einzige Hilfe können die Einheimischen sein. Für die Menschen, die nicht genug Kraft aufbringen können, bleibt nur die Möglichkeit, ihren Rucksack oder Koffer an einen einheimischen Träger abzugeben.
Das typische Bild sieht folgendermaßen aus: Ein großer weißer Tourist, der häufig Mückenspray und Sonnencreme benutzt, eine Kamera in der Hand hält und seine Wasserflasche an der Seite hängen lässt. Ein paar Meter vor ihm sieht man den kleinen einheimischen Träger, der mehr als nur diesen einen Rucksack mit einer gebeugten Haltung und einem Lächeln im Gesicht trägt.
Vielleicht geben die geografischen Begebenheiten den Raum, dass sich asymmetrische Strukturen bilden. Ebenso asymmetrisch werden bestimmte Rollen zugeteilt: die Rolle des Trägers wird an den nicht so wohlhabenden Einheimischen vergeben und die des Abenteurers an den wohlhabenden, meistens weißen Fremden.
Diese scheinbar selbstverständlichen Strukturen haben mich zu der Frage geführt: Wenn in Peru Rollen aufgrund der kolonialen Vergangenheit so selbstverständlich verteilt werden, ist es dann in Europa genauso? Ist es auch in Europa selbstverständlich, dass die Weißen eine privilegierte Stellung gegenüber Fremden genießen?
Als Referent interkultureller Bildungsarbeit trete ich oft für meine Organisation mit unseren Referenten als Gruppe auf, mit der Singularität, dass ich derjenige bin, der aus dem Globalen Süden stammt und noch dazu der Koffer- und Taschenträger bin. Die Wahrnehmung, die dadurch erzeugt wird, ist einfach:
Ich kann nur das Aufklebeschild des Vereins für Vielfalt oder aber der freiwillige Helfer sein. Und so wird mir die Rolle als „Fremder“ zugewiesen,
bis die Frage kommt, wo mein Chef oder der Verantwortliche eigentlich ist?
Ich atme langsam ein und aus, schaue mit Freude diese Person an und bilde den Satz „Der steht vor Dir“! Die automatische Reaktion ist ein lautes „OOOH!“ und eine unsichere Entschuldigung. Gleichzeitig lockert das Grinsen unserer Referenten die angespannte Atmosphäre auf.
Ich möchte nicht unterstellen, dass ich aufgrund meiner äußerlichen Unterschiedlichkeit absichtlich diskriminiert werde. Die Diskriminierung kommt eher aus einer unbewussten westlichen Perspektive, nämlich durch meine Rolle als Träger.
Aufgrund unserer unbewussten Vorurteile bilden wir falsche Assoziationen. In meinem Fall bedeutet die Kombination aus dunkler Haut und Kofferträger, ich muss in der Hierarchie der Organisation unten stehen.
Aber die Realität ist andersherum und der Grund, warum ich der Träger bin, ist eben ein anderer als erwartet: Ich werde von Dankbarkeit motiviert, möchte unserer Gruppe für ihr Engagement auf meine kulturelle Art Wertschätzung zeigen. Ebenso beabsichtige ich, dass sie sich auf ihren kommenden Einsatz fokussieren, damit sie Ruhe und Freude ausstrahlen.
Das ist entscheidend, um gemeinsam einen schönen Tag gestalten zu können.
Was ist also die Antwort auf meine Frage? Um es kurz zu sagen: Wir sehen nur den Kofferträger und ordnen ihn ganz selbstverständlich in unsere Strukturen ein. Was wir aber nicht sehen, ist dass die Absichten und Gründe hinter dem Koffertragen sehr unterschiedlich sein können.
von: Fernando Andia Cochachi
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